Landkreis Havelland
- Ratsinfo -

Vorlage - BV-0134/15  

 
 
Betreff: Positionierung zur geplanten Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Büro des Kreistages Bearbeiter/-in: Hönicke, Nadine
Beratungsfolge:
Kreistag Entscheidung
22.02.2016 
Sitzung des Kreistages ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag des Landkreises Havelland spricht sich dafür aus, die eigenen Landkreisgrenzen bei der beabsichtigten Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg unverändert zu lassen.

 


Sachverhalt:

 

Die bereits aufgrund des Koalitionsvertrags erfolgte Festlegung der Landesregierung auf die Notwendigkeit der Durchführung einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform stützt sich nach dem derzeitigen Leitbildentwurf (August 2015) ausschließlich auf die demografische Entwicklung im Land Brandenburg. Dabei wird von einer bis zum Jahr 2030 um insgesamt 10 % sinkenden Einwohnerzahl mit ungleichmäßiger Siedlungsentwicklung und ansteigendem Altersdurchschnitt ausgegangen.

 

Im Gegensatz dazu verzeichnet der Landkreis Havelland stetig wachsende Einwohnerzahlen und wird nach der Prognose des Bundesinstituts für Bau- Stadt- und Raumforschung (http://www.bbsr.bund.de/) im Jahr 2030 166.100 Einwohner haben. Nach eigenen Prognosen des Amtes für Kreisentwicklung und Wirtschaft, denen die aktuellen Zahlen der gemeindlichen Einwohnermeldeämter zugrunde liegen, wird der Landkreis Havelland im Jahr 2030 bei einer Einwohnerzahl zwischen 164.600 und 169.800 liegen. Die anderslautende Prognose der Landesregierung, die für das Jahr 2030 von 148.636 Einwohnern ausgeht, ist nicht nachvollziehbar und kann zur Begründung des Reformbedarfs nicht herangezogen werden. Weiterhin weist der Landkreis Havelland eine stabile Finanzlage ohne Inanspruchnahme von Kassenkrediten auf, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Gründe des öffentlichen Wohls im Sinne von Art. 98 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg für eine Gebietsänderung erkennbar sind.

An eine mit der Verfassung des Landes Brandenburg übereinstimmende und am Gemeinwohl orientierte Verwaltungsstruktur- und Gebietsreform sind die nachfolgenden Anforderungen zu stellen, die inhaltlich den vom Vorstand des Landkreistages Brandenburg am 25.08.2015 beschlossenen „Kernthesen zum Leitbildentwurf für die Verwaltungsstrukturreform 2019“ entsprechen:

 

Verfassungsrechtliche Grundlage für eine Kreisgebietsreform könnte nur eine umfassende und untrennbar damit verbundene Funktionalreform sein. Im Leitbild der Landesregierung ist eine solche jedoch nicht zu erkennen. Die dort skizzierten Ansätze stehen zudem unter Finanzierungsvorbehalt und eine Verbindung zwischen jeweiliger Aufgabenerfüllung und Verwaltungsmindestgröße bzw. der notwendigen Einwohnerbasis wird nicht hergestellt.

 

Die vom Leitbildentwurf geforderte „Regelmindesteinwohnerzahl“ von 175.000 Einwohnern im Jahr 2030 die zwar nach jüngeren Aussagen offener gesehen wird, würde in den dünner besiedelten Räumen gewaltige Kreisflächen erzwingen, die sich in der nach dem Leitbildentwurf angestrebten Flächenobergrenze von ca. 5.000 qkm niederschlagen. Mit diesen Parametern würde die Verwaltungsstrukturreform in Brandenburg zu einem Nachahmerprojekt der als verfehlt zu bewertenden Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern. Extreme Fahrwege und Fahrzeiten für Bürger, Verwaltungsmitarbeiter und für die ehrenamtlichen Mandatsträger wären die Folge. Die in der Verfassung verankerte kommunale Selbstverwaltungsgarantie erfordert jedoch im Ergebnis die Überschaubarkeit des Kreisgebietes, damit die Mandatsträger im Sinne der vom Leitbildentwurf selbst geforderten kraftvollen Ausübung der Selbstverwaltung ihre Aufgaben unter zumutbaren Bedingungen wahrnehmen können. Dieses Verfassungsgebot darf bei einer Kreisneugliederung nicht auf der Strecke bleiben.

 

Der Vorschlag des Leitbildentwurfs, die Kreissitzfrage zum Gegenstand eines Bürgerentscheids zu machen, ist abzulehnen. Die Durchführung eines Bürgerentscheids wäre nicht sachgerecht, weil dieser erst mit dem Vollzug der Kreisfusion erfolgen könnte. Hier steht der Gesetzgeber in der Verantwortung, mit dem Reformgesetz eine dem Gemeinwohl entsprechende Lösung zu finden, um den zeitlich notwendigen Vorlauf für den Aufbau der Verwaltung am Kreissitz zu gewährleisten.

 

Der Vorschlag des Leitbildentwurfs, den kreisfreien Städten im Falle einer Einkreisung Aufgaben der Kreisebene zu belassen (Aufgabenprivilegierung), stellt das Gesamtkonzept der Verwaltungsstrukturreform grundlegend in Frage. Eine derartige Aufgabenprivilegierung blockiert nicht nur die angestrebten Konsolidierungsansätze, sondern beeinträchtigt auch nachhaltig eine sinnvolle und zielgerichtete Arbeit in den Landkreisen. Eine Verwaltungsstrukturreform, die derartige Aufgabenprivilegierungen für die dann eingekreisten Städte belassen will, verfehlt ihr eigentliches Ziel und ist daher grundsätzlich abzulehnen.

 

Das Gelingen oder Scheitern einer Reform hängt in maßgeblicher Weise von der Ausgestaltung der finanziellen Rahmenbedingungen ab. Insofern ist es nachdrücklich zu kritisieren, dass der vorliegende Leitbildentwurf auf jegliche Bezifferung der zur Verfügung zu stellenden Finanzmittel verzichtet und darüber hinaus zur angestrebten Teilentschuldung auch noch auf den kommunalen Finanzausgleich zugreifen will. Zu fordern sind des Weiteren verbindliche Festlegungen zu Ausgleichsmaßnahmen für jene Städte, die ihren Status als Kreisstadt verlieren. Für die Landkreise wäre es ein unabsehbares Risiko, sich auf einen Reformprozess einzulassen, bei dem nicht am Anfang die finanziellen Rahmenbedingungen verbindlich und in angemessener Weise geklärt sind.

 

Keines der beiden bisher in Aussicht gestellten Modelle für eine Gebietsänderung des Landkreises Havelland erscheint zweckmäßig. Eine etwaige Zusammenlegung mit Teilen der Landkreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin würde einerseits eine Zerschlagung bisheriger Landkreise erfordern, die mittlerweile von Regierungsseite grundsätzlich abgelehnt wird, andererseits würden unzumutbar lange Entfernungen und Fahrzeiten zwischen den berlinnahen und den berlinfernen Gemeinden entstehen, die mit der angestrebten Bürgernähe nicht in Einklang zu bringen wären. Gegen eine etwaige Zusammenlegung mit der Stadt Brandenburg an der Havel spricht die für eine Kompensation der städtischen Haushaltsprobleme zu geringe Einwohnerzahl des Landkreises Havelland sowie die, daraus resultierend, unzureichende Finanzkraft.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Kosten

Sachkonto/Kostenstelle/Kostenträger

---

---

Erläuterung/Deckungsvorschlag

---

 


Anlagen:

keine