Landkreis Havelland
- Ratsinfo -

Auszug - Bericht zur Aufgabenwahrnehmung im Dezernat für Grundsicherung und Arbeit *Unterlagen werden zur Sitzung nachgereicht  

 
 
Sitzung des Ausschusses für Grundsicherung und Arbeit
TOP: Ö 6
Gremium: Ausschuss Grundsicherung und Arbeit
Datum: Do, 03.03.2022 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:15 - 18:17
Raum: Oberstufenzentrum Havelland, Schulteil Nauen, Aula
Ort: Zu den Luchbergen 26 - 34, 14641 Nauen

 

Sitzungsverlauf

 

Die Vorsitzende, Frau Bilge, stellt fest, dass die angekündigten Unterlagen nachgereicht wurden und den Ausschussmitgliedern vorliegen. Sie bittet den Dezernenten, Herrn Granzow, um den Bericht.

Eingangs berichtet der Dezernent, aufgrund der aktuellen Lage zur Aufnahme der Vertriebenen aus der Ukraine im Landkreis. Es wurde ein Verwaltungsstab im Landkreis Havelland gebildet, der von den Dezernenten, Gall und Granzow, geführt wird. Dieser Verwaltungsstab besteht aus Amtsleiterinnen und Amtsleitern aller Dezernate des Landkreises, soweit eine Zuständigkeit gesehen wird, z.B. die Jobcenter Nauen und Rathenow, das Jugendamt, das Asylbewerberamt, das Sozialamt, das Gebäude- und Immobilienmanagement.

Eine erste Sitzung hat bereits stattgefunden, der Landkreis muss ggf. in der Lage sein die Flüchtlinge unterzubringen. Es stehen Unterkünfte in Falkensee, Rathenow und Friesack zur Verfügung. Die Kostenübernahme soll aktuell nach Entscheidung des EU Innenministerrates zur Stunde über Asylbewerberleistungen stattfinden, ob es zu einer Leistungsaufnahme nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) kommt bleibt abzuwarten. Er erläutert die derzeit unterschiedlichen Leistungsgewährungen bei sogenannten „Kontingentflüchtlingen oder afghanischen Ortskräften“.

Mit der Eingliederungsmittelverordnung 2022 wurden Finanzmittel vermindert zugewiesen. Der Hauptgrund dafür sind immer noch die Flutschäden in den Ländern Nord-Rhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Allen Landkreisen werden im Vorwegabzug Mittel entzogen und den von der Flut betroffenen Landkreisen gesondert zugeteilt.

Zur Aufgabenwahrnehmung im Dezernat für Grundsicherung und Arbeit teilt Herr Granzow gemäß der ausgereichten Sitzungsunterlage mit, dass aktuell mit Entscheidung vom 23.02.2022 der erleichterte Zugang zum SGB II bis zum 31.12.2022 verlängert wurde.

1. Verlängerung des erleichterten Zugangs zum Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) bis zum 31.12.2022

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Am 23.02.2022 hat das Bundeskabinett beschlossen.

Zuletzt sind § 67 SGB II mit dem Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite geändert worden. Darin wird die Bundesregierung ermächtigt, den bis zum 31.03.2022 festgelegten erleichterten Zugang zum SGB II durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates längstens bis zum 31.12.2022 zu verlängern. Von dieser Verordnungsermächtigung will die Bundesregierung nunmehr Gebrauch machen und den Zeitraum des erleichterten Zugangs bis zum 31.12.2022 ausdehnen. In der Folge verlängert sich auch die erleichterte Vermögensprüfung im Kinderzuschlag. Das bis zum 19.03.2022 befristete Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) soll hingegen nicht verlängert werden und läuft aus.

Aufgrund der Weiterführung des vereinfachten Zugangs erhalten laut Entwurf 12.000 zusätzliche Bedarfsgemeinschaften SGB II-Leistungen, was zu Mehrausgaben in Höhe von rund 110 Mio. € im laufenden Jahr führen soll (davon entfallen 10 Mio. € auf die Kommunen). 2023 würden sich Mehrausgaben von rund 45 Mio. € ergeben (davon entfallen 5 Mio. € auf die Kommunen).
Das BMAS begründet die Verlängerung mit einem sich beschleunigenden Infektionsgeschehen und einer nicht ausreichenden Impfquote. Es sei deshalb davon auszugehen, dass das vereinfachte Verfahren auch über den 31.03.2022 hinaus erforderlich sei. Zudem hätten die die Bundesregierung tragenden Parteien in dem Koalitionsvertrag u. a. die Einführung eines Bürgergeldes vereinbart, das in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges ohne Berücksichtigung des Vermögens und unter Anerkennung der Angemessenheit der Wohnung erbracht werden soll. Das Bürgergeld soll voraussichtlich zum 01.01.2023 eingeführt werden, weshalb die Regelungen für das vereinfachte Verfahren ausweislich der Begründung im Referentenentwurf bis zum 31.12.2022 auch dazu dienen sollen, einen nahtlosen Anschluss zu ermöglichen.

2. Informationsstand zur vorgesehenen Neuregelung des SGB II

Das SGB II wird im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ausführlich behandelt. Das Präsidium des Deutschen Landkreistages (DLT) hat dazu eine Bewertung vorgenommen, die nachfolgend auszugsweise wiedergegeben wird:

Das Arbeitslosengeld II soll in rgergeld“ umbenannt und in den ersten zwei Jahren ohne Anrechnung von Vermögen und mit Anerkennung der Angemessenheit der Wohnung gewährt werden.

  • Kritisch zu sehen ist die verabredete Prüfung, ob sozialversicherungspflichtige Erwerbstätige im Bürgergeldbezug in die Betreuung durch die Agenturen für Arbeit im SGB III wechseln können. Diese Verschiebung sogenannter Aufstocker widerspricht einer einheitlichen Leistungsgewährung und schafft unnötige Schnittstellen.
  • Positiv dagegen ist, dass an Sanktionen festgehalten wird und eine Bagatellgrenze r Rückforderungen gegenüber Leistungsberechtigten in Höhe von 50,00 € eingeführt wird. Beides greift Forderungen des Deutschen Landkreistages (DLT) auf.
  • Dies gilt auch für die Einführungen der sogenannten vertikalen Einkommensanrechnung, die der DLT seit Anbeginn des SGB II fordert. Sie führt zu einer Entlastung bei den kommunalen Ausgaben für die Kosten der Unterkunft (KdU). Auch der verabredete verbesserte gesetzliche Rahmen, der es ermöglichen soll, die Angemessenheit der KdU rechtssicher zu gestalten, geht auf eine DLT-Forderung zurück. Konkretisierungen dazu sind allerdings nicht enthalten. Nicht aufgenommen wurde die kommunale Forderung nach einer vollständigen Ausschöpfung der Grenze der KdU-Bundesbeteiligungsquote von 75 %.
  • Bei der Kindergrundsicherung wird es entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung ankommen. Der DLT hat sich immer dafür ausgesprochen, Kinder als Teil ihrer Familie und damit auch als Teil der Bedarfsgemeinschaft zu betrachten, auf die das SGB II und das Zwölfte Sozialgesetzbuch (SGB XII) aufbauen. Kinder sollten nicht aus dem familiären Zusammenhang beziehungsweise der Haushaltskonstellation herausgelöst werden. Dies wird bei den Kosten für Unterkunft und Heizung besonders deutlich, da die Kinder in derselben Wohnung leben wie ihre Eltern und die Miete für die gesamte Wohnung anfällt.

 

3. Empfehlung des Arbeitsmarktbeirates im Landkreis Havelland zur weiteren Umsetzung der Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i SGB II

 

Mit dem § 16i SGB II wurde die Möglichkeit geschaffen, für sehr arbeitsmarktferne Langzeitleistungsbeziehende, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, eine längerfristige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit dem Ziel der sozialen Teilhabe zu fördern. Durch die Förderung wird diesem Personenkreis, der in absehbarer Zeit keine realistische Chance auf eine ungeförderte Beschäftigung hätte, eine längerfristige Perspektive zur Teilhabe am Arbeitsmarkt eröffnet. Neben der Eröffnung von Teilhabechancen bleibt die (Wieder-) Herstellung bzw. der Erhalt von Beschäftigungsfähigkeit und damit der Übergang aus der geförderten in eine ungeförderte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittel- und langfristiges Ziel.

 

Der Arbeitsmarktbeirat im Landkreis Havelland hat in seiner Sitzung am 02.02.2022 empfohlen, mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der in der Eingliederungsmittelverordnung des Bundes für das Jahr 2022 zur Verfügung gestellten Finanzmittel, die aktuelle Anzahl von 104 Förderfällen nicht weiter auszudehnen. Dabei soll der Schwerpunkt weiter auf Unternehmen mit einer Gewinnerzielungsabsicht gelegt werden.

 

4. Eröffnung eines weiteren Zugangsweges für das Einlegen eines Widerspruchs elektronisches Bürgerpostfach

 

Mit Einführung des elektronischen Bürgerpostfachs zum 01.01.2022 wurde ein weiterer Weg eröffnet, über den Bürger rechtssicher auf elektronischem Wege Widerspruch einlegen können.

 

Das elektronische Bürgerpostfach ermöglicht den Austausch von Dokumenten mit Rechtsanwälten, Gerichten, Notaren oder auch Behörden auf elektronischem Wege.